De Föifer und s Weggli

«Chasch nöd de Föifer und s’Weggli ha», lautet eine altbekannte Redewendung. Auch wenn sie aus einer Zeit stammt, in der ein Weggli noch einen Fünfer kostete, ist sie uns heute noch geläufig. Viele von uns haben den Spruch vom Weggli und dem Fünfer wohl schon unzählige Male in der Kindheit gehört. Und zu lernen, dass man nicht alles haben kann, fiel uns als Kinder meist schwer – mir ging’s wenigstens so…

Mir scheint, als Erwachsene falle es uns nicht leichter, uns für den Fünfer oder das Weggli zu entscheiden: Wir drücken uns gerne um Entscheidungen, weil wir meinen, wir würden dann die Konsequenzen nicht spüren. Und so leben wir bewusst oder unbewusst mit Gegensätzen, die sich eigentlich ausschliessen. Schülerinnen und Schüler wollen gute Schulnoten – aber ohne zu «büffeln»; Arbeitstätige wollen weniger arbeiten – aber mehr verdienen und auch das Pensionsalter soll nicht steigen – aber die Renten schon. Wir schätzen die weltweite Vernetzung und die multikulturelle Gesellschaft mit internationalen Beziehungen – aber wir wollen weniger fliegen. Die Atomkraftwerke wollen wir abschalten – aber Wasserkraftwerkausbauten und grosse Sonnenkraftwerke wollen wir auch nicht; ja nicht einmal Photovoltaik-Anlagen, die den Denkmalschutz etwas einschränken könnten. Wir wollen eine sichere Rohstoffversorgung der Schweiz – aber wir beziehen und lagern Gas lieber billig im Ausland. Wir pochen auf Schweizer Qualität – wollen diese aber zu asiatisch tiefen Preisen erhalten. Wir fordern biologisch produzierte Früchte – kaufen aber lieber die günstigen und makellosen, herkömmlich produzierten Äpfel und überhaupt: Als Schweiz wollen wir eine unabhängige Insel bleiben – dabei aber gerne von allen Vorteilen der EU profitieren…

Diese Liste liesse sich beliebig verlängern. Ich will damit niemanden provozieren, sondern bloss mich selbst und Sie, liebe Leserin, lieber Leser, an der Nase nehmen und realisieren: Den «Föifer und s’Weggli» will auch ich immer wieder mal.

Wenn wir alle, wenn unser Bundesrat und wir als ganzes Land etwas noch mehr einüben müssen, dann dies: Offen und ehrlich sagen, welche Alternativen es gibt, Prioritäten setzen, entscheiden und dann diesen Weg zielstrebig gehen, im Vertrauen, dass wir auch mit dem Fünfer oder dem Weggli genug haben und glücklich werden.

Hanspeter Hugentobler, Kantonsrat und Schulpräsident/Gemeinderat (EVP), Pfäffikon ZH
(Dieser Beitrag erschien am 19. Oktober 2022 in der Rubrik „Tribüne“ im Zürcher Oberländer)