Kompromissfähigkeit

Schwarz-weiss ist in der Politik eine beliebte Farbe. Vereinfachende Parolen – egal ob sie von links oder rechts kommen – haben Hochkonjunktur. Begünstigt wird diese Entwicklung durch die sozialen Medien wie Twitter und Facebook, in denen Kürzestbotschaften gefragt und seriöse Diskussionen kaum möglich sind. Dazu trägt auch bei, dass viele Medienunternehmen sich unter steigendem Kosten- und Zeitdruck keinen Qualitätsjournalismus mit einer verantwortungsvollen Auswahl von relevanten Themen mehr leisten können. Gefragt ist, was ankommt – frei nach dem Motto: Sag’ mir, was die Leute heute im Internet anklicken, dann sage ich dir, was morgen in der Zeitung steht. Und ankommen tun – genau: Emotionale und oft populistisch vereinfachte Schwarz-Weiss-Aussagen.

Doch unser Zusammenleben ist vielseitiger und komplexer, als dass man Probleme auf einfachste Schlagworte reduzieren könnte. Ein gutes Miteinander in der Familie und in der Gesellschaft lebt davon, dass man einander zuhört, den anderen Standpunkt zu verstehen sucht und dann gemeinsam einen Kompromiss sucht.

«Ein Kompromiss ist nur dann gerecht, brauchbar und dauerhaft, wenn beide Parteien damit gleich unzufrieden sind», hat der frühere US-Aussenminister und Friedensnobelpreisträger Henry Kissinger einmal gesagt. Und in der Tat lässt sich auch in der Politik oft nur eine Lösung finden, wenn die Parteien nicht auf ihren Extremforderungen beharren, sondern sich mit ihren Standpunkten aufeinander zu bewegen und eine gemeinsame Haltung für den weiteren Weg bestimmen.

Mit Kompromissfähigkeit schafft man es auch als Politikerin und Politiker auf kommunaler, kantonaler oder eidgenössischer Ebene oft nicht in die medialen Schlagzeilen. Denn Kompromisse sind meist nicht das Verdienst Einzelner, sondern sie beruhen auf den Anstrengungen von verschiedenen Beteiligten. Und sie sind auch nicht schwarz-weiss vereinfacht mit 280 Twitter-Zeichen zu erklären, sondern sind umfassender, komplexer und vielfarbiger – wie das echte Leben eben.

Doch wer sein Ego hintenanstellt und sich mit Politikerinnen und Politiker anderer Couleur um echtes Verständnis ihrer Positionen und um ehrliche Kompromisse bemüht, der leistet damit einen wichtigen Beitrag für ein gutes Miteinander und zukunftsfähige Lösungen für unsere Gesellschaft und für unsere Demokratie.

 

Kommentar verfassen