Für eine zukunftsorientierte Bildung: NEIN zur Fremdsprachen-Initiative!

learningEine Frage zu Beginn: Wie gut waren Sie in der Schule in Mathematik?
Ich bin überzeugt, dass wir bei einer Umfrage dazu hier im Saal ganz unterschiedliche Gruppen hätten: Da gibt es unter uns bestimmt eine kleine Gruppe von Leuten, die Mathematik über alles liebten. Da gibt es die vermutlich grosse Gruppe unter uns, für die war Mathematik einfach ein Fach, man lernte es, kam einigermassen mit, es war ok. Und dann gibt es wohl auch noch einige unter uns, die von Anfang an mit Mathematik auf Kriegsfuss standen, sie büffelten, hatten vielleicht sogar Nachhilfe-Unterstützung, aber irgendwie nützte alles nichts – und sie sind bis heute keine Zahlenmenschen… Es ist einfach eine Realität, dass ein Teil der Schülerinnen und Schüler Mühe mit Mathematik hat. Doch käme es deswegen jemandem in den Sinn, eine Volksinitiative zu starten, die die Schulen zwingt, Mathematik auf die Sekundarschule zu verschieben, weil dieses Fach einem Teil der Schülerinnen und Schüler schwerfällt?!!

Genau dies tut in der Sprachenfrage aber diese Initiative:
Weil einer Gruppe von Schülern und Schülerinnen – vielleicht sind es 20% – das Fremdsprachen-Erlernen schwerfällt, machen wir genau das, was wir in anderen Fächern nie tun würden: Wir kapitulieren und verschieben die zweite Fremdsprache. Die Sekundarschule soll es dann richten – mitten in der Pubertät sollen die Jugendlichen dann garantiert viel mehr Lust auf eine weitere Fremdsprache haben…???! Mit der Verschiebung auf die Oberstufe machen wir aber vor allem eines: Wir bestrafen die übrigen 80%, die mit dem Fremdsprachenlernen in der Primarschule keine Probleme haben, oder sogar begeistert davon sind! Als EVP-Fraktion wollen wir eine zukunftsorientierte Bildung und sind daher dagegen, dass man unseren Kindern das frühzeitige Erlernen von Fremdsprachen verbietet!

Es gibt darüber hinaus aber mindestens vier weitere wichtige Gründe, weshalb die Initiative abzulehnen ist:

Grund 1: Der Volkswille zur Harmonisierung der Bildung soll endlich umgesetzt werden!

  •  2006 hat das Schweizer Volk mit einem JA-Stimmenanteil von 86% beschlossen, dass die Volksschulen endlich so «harmonisiert» werden soll, so dass man als Familie in einen anderen Kanton umziehen kann, ohne die Schulkarriere der Kinder aufgrund der unterschiedlichen Schulsysteme zu ruinieren.
    Und dazu gehört insbesondere auch die Verpflichtung, dass in der ganzen Deutschschweiz zwei Fremdsprachen an der Primarschule erteilt werden.
  • Ebenfalls 2006 lehnten die Stimmberechtigten des Kantons Zürich die Erstausgabe dieser Volksinitiative für nur eine Fremdsprache an der Primarschule klar ab. Und seit 2004 bewährt sich in den Volksschulen des Kantons Zürich die Praxis, dass Englisch vor Französisch in der Primarschule unterrichtet wird.

Grund 2: Die Initiative schwächt die Qualität der Volksschule!

  • In der mehrsprachigen Schweiz und in der globalisierten Wissensgesellschaft gehören Englisch und Französisch zur Grundbildung!
  • Mehrsprachigkeit ist ein grosser «Wettbewerbsvorteil» für die Zukunft unserer Kinder
  • Die meisten Kinder sind mit zwei Fremdsprachen nicht überfordert
  • Eine Reduktion auf eine Fremdsprache führt zu einer Senkung des Primarschul-Niveaus
  • Nur vermögende Eltern können sich dann private Fremdsprachenkurse leisten
  • Und nebenbei bemerkt würde der Sprachen-Rückschritt zu Kosten in Millionenhöhe für neue Lehrmittel führen – ganz zu schweigen von den Primarschul-Lehrpersonen mit Fremdsprachen-Lehrbefähigungen, die es dann nicht mehr braucht (ich staune, dass die Lehrerverbände diesen Aspekt einfach ausblenden…)

Grund 3: Der aktuelle Fremdsprachen-Unterricht wird optimiert

  • Unabhängig von der Initiative laufen aktuell Bemühungen zur Optimierung des Französischunterrichts. So erscheint im nächsten Jahr das neue Lehrmittel „Dis donc!“ und im Rahmen des Lehrplans 21 sieht der Vernehmlassungsvorschlag eine Verstärkung des Deutsch-, Französisch- und des Englisch-Unterrichtes vor.
  • Eigentlich wäre das ja ganz im Sinne der Initianten der Initiative, der Sprachunterricht an der Primarschule sei zu unterdotiert, um erfolgreich zu sein. Aber meistens sind die gleichen Kreise ja auch gegen den Lehrplan 21…
  • Übrigens: Der Zuger Regierungsrat hat gerade im vergangenen Frühling in einer Untersuchung festgestellt, dass Zuger Schüler besser Französisch können, weil sie mehr Französisch-Lektionen haben als in anderen Kantonen. 2 Drittel der Kinder fanden übrigens, Französisch-Lernen sei kein Stress, 85% der Kinder fanden, Englisch-Lernen sei kein Stress – und die Eltern sind mit dem Fremdsprachenunterricht (Englisch ab der 3. Klasse, Französisch aber der 5.Klasse) zufrieden…

Grund 4: Die Initiative führt zum Französisch-Diktat des Bundes

  • Ein Abrücken von der Sprachenstrategie des HarmoS-Konkordats lässt den Bund aktiv werden: Bereits hat der Bundesrat im Juli 2016 eine Vernehmlassung zur Anpassung des Sprachengesetzes gestartet, in der er die zweite Landessprache in der Primarschule verankern will
  • Sollte der Kanton Zürich also nur noch eine Fremdsprache an der Primarschule wollen, wird das Französisch sein, Englisch wird gestrichen!
  • Doch 80% der Eltern wollen Englisch in der Primarschule gemäss einer Erhebung der Elternmitwirkungsgremien KEO des Kantons Zürich.
  • Französisch statt Englisch an der Primarschule – wollen wir das wirklich? Vermutlich kaum – das ist wohl auch der Grund, dass die Initianten nur von der «zweiten» Fremdsprache reden, die in die Sekundarstufe verschoben werden solle – sie hätten ja gerade schreiben können, welche Sprache. Aber das wollten sie nicht, weil die Initiative keine Chance hätte, wenn stünde, dass Englisch in der Primarschule gestrichen würde.

Die EVP-Fraktion will eine zukunftsorientierte Bildung

An der Volksschule bilden wir die nächsten Generationen für die Zukunft unseres Landes aus. Es ist nicht einzusehen, weshalb wir unseren Kindern ein frühzeitiges Erlernen einer Mehrsprachigkeit vorenthalten sollten, die ihnen eine entscheidende Grundlage dafür gibt, die Herausforderungen der Zukunft in einer vernetzten Welt zu meistern.

Es geht um die Zukunft der nächsten Generation: Mein Grossvater, der 40 Jahre in der Zentralwerkstätte der SBB gearbeitet hat, kam gut ohne Englisch und Französisch aus. Meine fast schon alle erwachsenen Kinder – an denen ich übrigens gerade selbst die Vorteile von frühem Fremdsprachenunterricht in der Primarschule erfahren habe! – kommen nicht mehr ohne Englisch und Französisch durch die Welt Und die Kinder, die in unseren Primarschulen im Kanton eben den Schuleintritt erlebt haben, die werden angesichts der steigenden Lebenserwartung das Jahr 2100 erleben – und damit eine Welt, die noch viel vernetzter, multikultureller und globaler sein wird, als wir uns das heute vorstellen können. 

Deshalb: Investieren wir in die Zukunft unserer Kinder – und lehnen wir diese rückwärtsgewandte Initiative ab!

Weitere Infos zu meinen Vorstössen im Kantonsrat finden Sie unter: Kantonsrat Zürich | Mitglieder | Hanspeter Hugentobler (zh.ch)

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