Wertvolle Medienschaffende

P1250590Medienbashing hat Hochkonjunktur. Doch könnte es sein, dass wir uns mit der Dauerkritik an den „bösen Medien“ keinen Gefallen tun?

Medienkritik ist in. Immer häufiger wird das Lied über den unseriösen Journalismus angestimmt. Und es fallen Schlagworte wie „Lügenpresse“, „Manipulation“, „fehlende Qualität“, „Sensationslust“ oder „Quotenbolzerei“.

Besonders aufgefallen ist mir dies im Zusammenhang mit der Berichterstattung über den tragischen Germanwings-Flugzeugabsturz. Die Behörden informierten unbürokratisch schnell über die bereits bekannten Details des Absturzes, und die Medien berichteten laufend darüber. Mit den neuen Medien des Internets wurden die Informationen viel schneller verbreitet als früher – und sie lösten eine Flut von negativen Medien-Kommentaren auf Newsseiten und in den sozialen Medien aus.

Ein Beispiel: Der untersuchende Staatsanwalt nannte in der Medienkonferenz den Namen des Co-Piloten der Germanwings-Maschine, ja er buchstabierte ihn sogar. Die Medien publizierten diesen Namen. Dafür wurden sie in den Kommentarspalten massiv kritisiert und beschimpft – doch gleichzeitig gaben rund 1 Mio Medienkonsumenten den Namen des Piloten bei Google ein…

Medienbashing ist einfach, dabei fanden in vielen Redaktionen ernsthafte Gespräche über die Frage der Namensnennung statt. Der Schutz der Privatsphäre des Co-Piloten und seiner Verwandten waren abzuwägen gegen das öffentliche Interesse an diesem unfassbaren Flugzeugabsturz – so wie es auch in den Richtlinien zur „Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten“ steht, die für uns Schweizer Medienschaffende verbindlich sind.

Doch woher kommt die negative Einstellung den Medien gegenüber? Watson-Chefredaktor Hansi Voigt nennt in seiner bemerkenswerten Festrede an der Diplomfeier der Schweizer Journalistenschule MAZ in Luzern einen möglichen Grund dafür: „Das Problem ist: Wir haben nicht mehr zu wenige Informationen, wir haben zu viele. Und das steht unserem Bedürfnis nach ganz einfachen Wahrheiten diametral gegenüber. Die Informationsflut überfordert uns gewaltig.“

Doch mit der Demontage der Medien machen wir uns keinen Gefallen. Denn je erdrückender und beliebiger die Informationsflut der sozialen Medien wird, umso wichtiger sind Medienschaffende, die der Wahrheit verpflichtet sind und den gesellschaftlichen Diskurs in unserer Demokratie ermöglichen. „Medien dürfen und müssen ein wichtiges Wort mitreden, wenn wir herausfinden wollen, was wahr ist und was nicht“, sagt Voigt. Sie tragen damit entscheidend dazu bei, dass für uns alle das Recht auf Information, auf freie Meinungsäusserung und auf Kritik als zentrales Menschenrecht bestehen bleibt.

Übrigens: Wir Medienschaffende sind Ihnen nicht böse, wenn man uns auch einmal „danke“ sagt oder uns ein Lob für unsere Arbeit zukommen lässt… 

Die Rede von watson-Chefredaktor Hansi Voigt:
http://www.watson.ch/!317815177

Die „Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten“:
http://www.presserat.ch/21690.htm

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