Faire Berufswahl-Chancen statt verfrühter Lehrstellenausschreibungen

Lehrstellen werden immer früher ausgeschrieben und vergeben – das setzt die Schülerinnen und Schüler unnötig unter Druck . In diesem Zusammenhang habe ich im Kantonsrat am 31. Mai 2021 die nachfolgende Anfrage an die Zürcher Kantonsregierung eingereicht.

Im Lehrstellennachweis LENA werden die offenen Lehrstellen seit diesem Jahr neu schon ab dem 1. April ausgeschrieben. Bisher war der Ausschreibungsstart auf den 1. August festgelegt und mit dem im Lehrplan festgelegten Ablauf des Berufswahlprozesses koordiniert. Mit der Vorverschiebung der Lehrstellenausschreibung wird der Berufswahlfahrplan untergraben. Der Druck auf die Jugendlichen steigt massiv, denn sie müssen sich früher auf eine Stelle bewerben, obwohl sie dafür noch nicht vorbereitet und aufgrund der früheren Einschulung zudem immer jünger sind. Damit erhöht sich auch das Risiko von Fehlentscheidungen und späteren Lehrabbrüchen.

Wir bitten den Regierungsrat um die Beantwortung folgender Fragen:

1) Das Amt für Jugend und Berufsberatung AJB des Kantons Zürich beruft sich bei der früheren Ausschreibung auf einen Beschluss der Schweizerischen Berufsbildungsämter-Konferenz SBBK. Wie ist der Kanton Zürich in der SBBK vertreten und haben dessen Vertreter den Entscheid unterstützt?

2) Wie ist der Entscheid für den vorgezogenen und nicht mehr mit dem Lehrplan koordinierten Berufsfindungsprozess aus Sicht des Regierungsrates zu begründen – und welche Vor- und Nachteile werden angenommen?

3) Wie schätzt der Regierungsrat die Entwicklung ein, dass Jugendliche mit der früheren Lehrstellenausschreibung bereits in der zweiten Sekundarschulklasse unter massiven Berufswahldruck kommen?

4) Mit der Einführung der neuen Lehrpläne haben sich alle am Berufswahlprozess beteiligten Parteien auf einen Fahrplan und eine entsprechende Kompetenzenvermittlung im Unterricht geeinigt, um den Jugendlichen einen guten und an ihre Entwicklung angepassten Berufswahlentscheid zu ermöglichen. Welche Folgen hat die nun von der dritten in die zweite Sekundarschulklasse vorgezogene Berufswahl nach Ansicht des Regierungsrates und des für die Lehrpläne zuständigen Bildungsrates?

5) Wie schätzt der Regierungsrat die Auswirkungen dieser Berufswahlprozessänderung auf das Projekt «Fit für die Berufsbildung (BBFit)» des ämterübergreifenden Programms «Volksschule-Berufsbildung» ein? Im Rahmen des erwähnten Projektes wer-den beispielsweise im Teilprojekt «Unterricht» die Optimierungsmöglichkeiten in der Beruflichen Orientierung (BO) und im Unterricht der 3. Sek geprüft und entsprechende Massnahmen vorbereitet.

6) Mit der Vorverschiebung der Lehrstellenausschreibung wird einer immer früheren Lehrstellenvergabe von Firmen Vorschub geleistet, die sich nicht mehr an das «Fairplay bei der Lehrstellenvergabe» halten, ihre Lehrstellen nicht vor dem 1. November zu vergeben. Hat die Vorverschiebung Folgen auf die Lehrstellenbewilligungspraxis des Kantons und wie wird sichergestellt, dass Firmen Lehrstellen nicht mit Vorverträgen bereits in der zweiten Sekundarschulklasse vergeben?

7) Wie schätzt der Regierungsrat die Risiken eines immer früher beginnenden Berufswahlprozesses ein bezüglich Motivationsabfall in der dritten Sekundarschulklasse, Berufswahl-Fehlentscheidungen, verminderter Lehrstellenchancen im Berufswahljahr und häufigeren Lehrabbrüchen?

8) Wie evaluiert der Regierungsrat die Auswirkungen des vorgezogenen Berufswahlprozesses und welche Massnahmen sind denkbar, wenn sich die befürchteten Verschlechterungen für den Berufsfindungsprozess der Jugendlichen bewahrheiten?

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