Diskriminierung von Kulturschaffenden mit religiösem Hintergrund?

Die Gleichbehandlung gehört zu den grundlegenden Elementen unserer Demokratie – das gilt auch für die Coronakrisen-Unterstützungsmassnahmen. In diesem Zusammenhang habe ich im Kantonsrat am 29. Juni 2020 die nachfolgende Anfrage an die Zürcher Kantonsregierung eingereicht.
Die Veranstaltungsverbote aufgrund der Corona-Krise führten die Kulturschaffenden über Nacht in eine existenzielle Krise. Der Bundesrat beschloss daher ein Kultur-Unterstützungspaket im Umfang von 280 Millionen Franken, davon rund 70 Millionen für den Kanton Zürich. Bei der Verteilung dieser Gelder im Kanton Zürich zeigt sich nun, dass Kulturschaffende, deren Veranstaltungen in kirchlichen Räumen durchgeführt werden und/oder von einem religiösen Veranstalter durchgeführt werden, leer ausgehen.

So wurde das Gesuch um Veranstaltungs-Ausfallentschädigungen des seit 25 Jahren als Regisseur, Autor und Schauspieler tätigen Kulturschaffenden Beat Müller der nicht-kirchlichen Kultur-Organisation „Schauspiel GmbH“ abgelehnt mit der Begründung „Kein erfasster Kulturbereich, religiöse Veranstaltungen von kirchlichen Organisationen werden durch die Verordnung nicht berücksichtigt“. Auf Nachfrage hin konkretisiert die Fachstelle Kultur ihre Ablehnung mit der Begründung, es handle sich nicht um kulturelle Veranstaltungen, da diese entweder in kirchlichen Räumen stattfanden und/oder von religiösen Gemeinschaften veranstaltet wurden und „die künstlerische Gestaltung das Mittel zum Zweck der religiösen Inhalte und nicht selbst das Ziel“ und daher keine kulturelle Veranstaltung sei.
.
Wir bitten den Regierungsrat um die Beantwortung folgender Fragen:
1) Aufgrund welcher rechtlicher Bestimmung in der COVID-Kultur-Verordnung des Bundesrates kommt die Justizdirektion des Kantons Zürich zum Schluss, dass Kultur-schaffende, deren ausfallenden Veranstaltungen in kirchlichen Räumen stattgefunden hätten und/oder die von religiösen Veranstaltern engagiert worden wären, von der Corona-Unterstützungen ausgenommen sind?
2) Würde bei Durchführung der gleichen Veranstaltung in nicht-kirchlichen Räumen oder bei nicht-kirchlichen Veranstaltern eine Ausfallentschädigung an die Künstler gesprochen werden?
3) Wie werden kirchliche von nicht-kirchlichen Räumen unterschieden; und wie wird zwischen öffentlich-rechtlich organisierten landeskirchlichen Veranstaltern und privatrechtlich organisierten Freikirchen und anderen religiösen Organisationen differenziert? Auf welcher Rechtsgrundlage geschieht dies?
4) Wieso ist die Justizdirektion der Meinung, dass kirchliche und religiöse Veranstalter – im Gegensatz zu allen anderen Veranstaltern – die von ihnen engagierten Künstlerinnen und Künstler auf eigene Kosten entschädigen sollten?
5) Ist der Regierungsrat der Meinung, dass das Gleichbehandlungsgebot der Kulturschaffenden eingehalten ist, wenn Kulturschaffende bei der Corona-Unterstützung je nach Veranstaltungsort und Veranstalter unterschiedlich behandelt werden?
6) Wie kommt die Fachstelle Kultur zur Einschätzung, dass das kulturelle Schaffen eines Künstlers oder einer Künstlerin keine kulturelle Veranstaltung sei, weil die künstlerische Gestaltung nur „das Mittel zum Zweck“ sei?
7) Wie begründet der Regierungsrat die daraus folgende Praxis, dass im Kanton Zürich nur als kulturelle Veranstaltung gilt, wenn damit keine Inhalte vermittelt werden sollen?
.
Weitere Infos zu meinen Vorstössen im Kantonsrat finden Sie unter:
Jetzt Kurznews aus dem Zürcher Rathaus auf Facebook abonnieren – nach jeder Sitzung die wichtigsten Themen aus meiner Sicht in wenigen Stichworten. https://www.facebook.com/hhugentobler.evp

Kommentar verfassen